Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Regionalgruppe Ostprignitz-Ruppin

Parlamentarier, rettet das Mobilitätsgesetz!

70 Menschen haben dem Regen getrotzt und am 12. Oktober 2023 vor dem Verkehrsausschuss im Landtag klargemacht: Wir wollen die Verkehrswende in Brandenburg - und zwar jetzt! Das entkernte Mobilitätsgesetz ist für uns nicht mehr tragbar.

Das Bündnis "Verkehrswende Brandenburg jetzt!" hatte zu einer Fahrraddemo aufgerufen - und 70 Menschen sind gekommen. Gemeinsam haben sie vor dem Brandenburger Verkehrssausschuss an die Parlamentarier appeliert: Rettet das Mobilitätsgesetz!

Noch Anfang Juli stellten Verkehrsminister Beermann, die Spitzen der Regierungsfraktionen und die Bündnisvertreterinnen gemeinsam den Kompromiss für ein Mobilitätsgesetz für Brandenburg vor, mit dem der Weg für eine zukunftsfähige Mobilitätswende in Brandenburg geebnet werden sollte. Inzwischen wurden wesentliche Ziele und Maßnahmen, wie eine Mobilitätsgarantie, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder der integrale Taktfahrplan aus dem Gesetz gestrichen. Der Unmut bei den Vertreterinnen des Bündnis Verkehrswende ist groß. Wie schon beim Insektendialog droht ein langwieriger Dialogprozess an der politischen Umsetzung zu scheitern.

Am 12. Oktober 2023 wird der Entwurf für das Mobilitätsgesetz erstmals im Verkehrsausschuss beraten. Das Bündnis „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“ fordert vom Landtag alle vom Kabinett vorgenommenen Änderungen zu korrigieren, denn der jetzt vorliegende Entwurf bleibt weit hinter den gemeinsamen Vereinbarungen zurück.

Zentrale Forderungen des Verkehrswende-Bündnisses:

- Struktur des Gesetzes: EIN gemeinsames Mobilitätsgesetz für ÖPNV und Nahmobilität.
- Haushaltsvorbehalt: Gilt grundsätzlich für alle Fachgesetze des Landes - das darf nicht politisch instrumentalisiert werden und die im Gesetz formulierten Ziele entwerten.
- Öffentlicher Nahverkehr: Paradigmenwechsel hin zu einer angebotsorientierten Verkehrsplanung.
- Mobilitätsbildung: Konkrete Maßnahmen, wie das Mobilitätsmanagement an Brandenburger Schulen müssen verbessert werden (zB eine Koodinierungsstelle).

 

Stellungnahme des Bündnis "Verkehrswende Brandenburg jetzt!" (Auszug)

[Download siehe blauer Kasten]

Im Januar 2021 übergab unser Bündnis insgesamt 28.584 Unterschriften für die Volksinitiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“ an die Präsidentin des Landtags Brandenburg. Durch den Landeswahlleiter wurde anschließend bestätigt, dass das für den Erfolg einer Volksinitiative erforderliche Quorum von 20.000 gültigen Unterschriften deutlich überschritten worden ist.

Mit Beschluss vom 29.04.2021 (Drucksache 7/3452-B) beauftragte der Landtag die Landesregierung, in einem Dialogprozess mit unserer Initiative den Entwurf für ein Brandenburgisches Mobilitätsgesetz zu erarbeiten. Nach rund 20 Monate währenden Verhandlungen in einer Steuerungsgruppe sowie drei Facharbeitsgruppen konnte ein geeinter Gesetzentwurf fertiggestellt werden. In diesen Dialogprozess waren seitens der Initiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“ etwa 60 Personen aus 16 beteiligten Organisationen involviert. Sie leisteten ihren Beitrag ganz überwiegend ehrenamtlich. Der auf diesem Wege erzielte Kompromiss wurde am 11.07.2023 von Vertreter:innen unseres Bündnisses und dem Minister für Infrastruktur und Landesplanung der Öffentlichkeit präsentiert sowie den Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen im Landtag übergeben.

Anschließend führte die Landesregierung ein internes, nichtöffentliches Kabinettsverfahren durch, an dessen Ende der Kabinettsbeschluss und die Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfs in den Landtag stand. In diesen Verfahrensschritt waren wir als Bündnis nicht einbezogen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass der dem Landtag vorgelegte Gesetzentwurf in wesentlichen Teilen von dem geeinten Ergebnis des Dialogprozesses zwischen der Landesregierung und unserer Initiative abweicht.
 

Allgemeine Zielstellungen

Mit dem Gesetzentwurf, der in seiner ursprünglichen Fassung am 11.07.2023 der Öffentlichkeit vorgestellt und den Koalitionsfraktionen übergeben wurde, sollte der rechtliche Rahmen für eine klimaverträgliche und sozial gerechte Mobilität in allen Teilen Brandenburgs geschaffen werden. Brandenburg könnte das erste Flächenland in Deutschland sein, welches die Themen Nahmobilität und ÖPNV gesetzlich zusammenführt und ein flächendeckendes Netz von Bus-, Bahn- und Radverbindungen anstrebt. Die allgemeinen Aufgabenstellungen für eine Verkehrswende, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurf nach wie vor formuliert sind, korrespondieren dabei mit den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zwischen SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen für die laufende Wahlperiode des Landtages Brandenburg. Demnach ist der Anteil der Wege, die hierzulande mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden, bis zum Jahr 2030 auf mindestens 60 Prozent zu erhöhen (Modal-Split-Ziel). Bis zum Jahr 2045 ist der Verkehrssektor in Brandenburg – im Einklang mit dem Pariser Abkommen sowie mit den nationalen Klimazielen der Bundesrepublik Deutschland – klimaneutral auszugestalten. In diesen Rahmen ordnen sich ferner die Sektorziele für den Verkehr im Rahmen des Klimaplans Brandenburg (Kabinettsbeschluss vom 23.08.2022) sowie die kürzlich durch die Landesregierung verabschiedeten Mobilitäts- und Radverkehrsstrategien ein.

Die im Gesetzentwurf festgelegten Klimaschutz- und Modal-Split-Ziele haben demnach eine wichtige Signal- und Orientierungsfunktion für Planungs- und Investitionssicherheit. Der o.g. Beschluss des Landtages vom 29.04.2021 zum Umgang mit der von uns durchgeführten Volksinitiative enthielt darüber hinaus den parlamentarischen Auftrag an die Beteiligten des Dialogverfahrens, in dem Entwurf für das Mobilitätsgesetz konkrete Maßnahmen, Zeitpläne und Verantwortlichkeiten zu definieren und dabei Erkenntnisse aus der Überarbeitung der Mobilitätsstrategie 2030 in Verbindung mit dem Landesnahverkehrsplan, der Radverkehrsstrategie sowie der Güterverkehrsstrategie in den Prozess einfließen zu lassen. Außerdem sollte eine Reihe weiterer Aspekte ausdrücklich im Dialogprozess behandelt werden. Dazu zählten beispielsweise eine Konkretisierung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Prinzips „Erhalt vor Neubau“ (in Bezug auf die Landesstraßen), eine stärkere Kooperation der Aufgaben- und Baulastträger untereinander sowie die Betrachtung verschiedener denkbarer gesetzlicher Bestimmungen zur Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs. Diesem Auftrag des Landtages sind wir, gemeinsam mit den Vertreter:innen der Landesregierung, im Dialogprozess nachgekommen.

Allerdings müssen wir feststellen, dass wesentliche Teile der im Dialogprozess ausgehandelten gesetzlichen Regelungen im Zuge der Kabinettsbefassung signifikant verändert oder vollständig gestrichen worden sind. Würde der Entwurf in der vorliegenden Form beschlossen, könnte er deshalb nach unserer Einschätzung nicht die dringend notwendige Trendwende im Verkehrssektor einleiten. Er bliebe stattdessen weit hinter den Einsichten des Koalitionsvertrages und somit auch hinter den klima- und verkehrspolitischen Notwendigkeiten in Brandenburg zurück. Die Gutachten von Rambøll1 und Hirschl et.al.2 sollten hier handlungsleitend sein, zeigen sie doch deutlich, dass zum einen die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors weiter ansteigen und zum anderen der Anteil der mit dem Umweltverbund zurückgelegten Wege nach einem Rückgang von 48 Prozent (2008) auf 42 Prozent (2017) weit von der Zielmarke von 60 Prozent entfernt ist.

Das Bündnis „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“ sieht deshalb die dringende Notwendigkeit, dass der Landtag alle vom Kabinett vorgenommenen Änderungen im Gesetzentwurf
korrigiert. Mindestens sind fachlich fundierte Vorschläge zu formulieren, wie die in der Gesetzesbegründung beschriebenen beabsichtigten Wirkungen und Ziele des § 1 MobG auf
anderem Wege als in dem ursprünglich erarbeiteten Gesetzentwurf zu erreichen sind.


Die Forderungen des Bündnisses entnehmen Sie bitte der Stellungnahme, die im blauen Kasten zum Download bereitsteht.


https://opr.adfc.de/neuigkeit/parlamentarier-rettet-das-mobilitaetsgesetz

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