Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Regionalgruppe Ostprignitz-Ruppin

AK Radförderung: Fachaustausch zu abgeschliffenem Kopfsteinpflaster

Verkehrswege wie die Hufellandstraße in Berlin oder Am Graben in Eichwalde sind Vorreiter: Dort, wo man als Radfahrer bis vor kurzem noch laut über das Kopfsteinpflaster schrubbelte, fährt man plötzlich leise und gleichmäßig. 

Was steckt dahinter? Es geht um abgeschliffenes oder auch sog. beruhigtes Kopfsteinpflaster. Dazu hat unser Arbeitskreis (AK) Radverkehrföderung im November getagt und Eric Fried, Geschäftsführer der Fräsdienst-Service E. Feind GmbH, eingeladen. Die Firma schleift Kopfsteinpflaser ab und kann auf fundierte Erfahrungswerte bezüglich Machbarkeit, technische Umsetzung und Grenzen sowie Kosten blicken. Nach einem Vortrag gab es Raum für Fragen: Wie ist der Arbeitsprozess beim Abschleifen? Welche Fortschritte gibt es seit dem ersten Abschleifen im Sommer 2024? Welche Verbesserungsschritte kommen als nächstes? Welche technischen Grenzen gibt es? Welche Vorzüge hat des Schleifen gegenüber dem Fräsen? Und wie hoch sind die Kosten? Funktioniert das auch bei Kleinpflaster? Wie erfolgt aktuell und in Zukunft die Ausschreibung? 

Im Folgenden haben wir einige Fakten zu dem Thema zusammengestellt:

  • Die eingesetzte Prototyp-Maschine schleift die Pflastersteine mit einer diamantbesetzten Walze, die mit hoher Drehzahl in mehreren Arbeitsgängen auf einer Breite von etwa 2m jeweils bis zu 5mm Material abträgt.
  • Damit grenzt sich der Arbeitsprozess deutlich vom Fräsen ab, bei dem die Meißel tiefer in die Oberfläche eingreifen und die Oberfläche aufbrechen.
  • Vor dem Schleifen wird die Ebenheit der zu bearbeitenden Fläche analysiert. Und ggf. wird mit einem Laser und einem generierten 3D-Höhenmodell gearbeitet, aus dem die optimale Schleiftiefe abgeleitet wird.
  • Wie tief das Kopfsteinpflaster maximal abgeschliffen wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Bei den aktuell durchgeführten Projekten wurde bis zu 6 cm tief geschliffen, ohne dass der Pflasterverbund instabil wurde.
  • An zu tief liegenden Stellen werden, wenn möglich, Pflastersteine angehoben – also ausgebaut und mit einer Schicht Split oder ähnlich wieder stabil eingebaut, bevor die Fläche geschliffen wird.
  • Durch das Schleifen entsteht ein feines Rillenprofil, welches die geforderte Rutschfestigkeit einer neuen Oberfläche erfüllt.
  • Ziel ist es, dass die gesamte Fläche von der Schleifmaschine erfasst wird, sodass die neue Oberfläche eine gleichförmige Eigenschaft erhält.
  • Der seitliche Übergang von unbehandelter zu geschliffener Oberfläche wird in einem Winkel von 45 Grad geschliffen.
  • Aus denkmalpflegerischer Sicht ändert sich das Bild der Straße zwar, aber nachdem die geschliffene Straße wenige Monate befahren wurde, ist die geschliffene Oberfläche wieder nachgedunkelt.
  • Es entsteht eine deutlich reduzierte Geräuschentwicklung beim Befahren der Straße:  Das Schlagen der Autoreifen auf jeden einzelnen Stein verschwindet, die Straße wird deutlich beruhigt, die Lebensqualität für Anwohnende steigt.
  • Die beim Schleifvorgang entstehenden Vibrationen wurden gemessen und für unkritisch befunden.
  • Die Lärmbelastung für Anwohnende durch den Einsatz der Schleifmaschine begrenzt sich auf wenige Stunden bzw. Tage.
  • Das Schleifen einer Straße kostet gegenüber einem grundhaften Ausbau nur ein Bruchteil an Zeit und Geld. Zur Orientierung: Das Schleifen der Hufelandstraße in Berlin auf etwa 600 m Länge und 6 m Breite und somit 3.600 m² dauerte insgesamt 2 Wochen.
  • Es ist abzuwägen, ob eine Straße auf kompletter Breite oder nur teilweise geschliffen wird. Wenn am Straßenrand ein Streifen dauerhaft durch parkende Autos genutzt wird, kann hier auf ein Schleifen verzichtet werden.
  • Die CO²-Bilanz gegenüber einem Neubau ist positiv, eine Kopfsteinpflasterstraße erhitzt sich im Sommer weniger als eine Asphaltstraße, die Versickerungsmöglichkeit für Regenwasser verändert sich nicht.
  • Beim Schleifen wird mit Wasser gekühlt, das zusammen mit dem entstehenden Steinmehl abgesogen wird. Eine Wiederverwendung des Wassers vor Ort wird angestrebt.

Fazit

Das Abschleifen von Kopfsteinpflasterstraßen ermöglicht eine vielfach geeignete und kostengünstige Option für die Radverkehrsförderung und dient darüber hinaus der Herstellung einer barrierefreien Oberfläche. Wir sind gespannt auf die weitere Entwicklung rund um das Thema und bedanken uns bei Herrn Feind für den Austausch.

Bei Interesse am AK Radverkehrsförderung des ADFC Brandenburg schreibt gerne eine E-Mail mit dem Stichwort „AK Radverkehr“ an landesverband@brandenburg.adfc.de.
Der AK Radförderung setzt sich für die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur in Brandenburg ein und trifft einmal im Monat digital.


https://opr.adfc.de/neuigkeit/ak-radfoerderung-fachaustausch-zu-abgeschliffenem-kopfsteinpflaster

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